Tauchrevier Deutschland im Interview mit "Der Taucherblog"

2017 Tauchen im Stechlin

11.05.2017, Stechlinsee (Brandenburg)

Das Frühjahr steht im Tauchrevier Deutschland ganz im Zeichen der Reproduktion. Die Fische kehren bei einer Wassertemperatur von ca. 10 Grad Celsius aus ihren Winterquartieren zurück in die Flachbereiche zur Eiablage. Der Zander gehört zu den frühen Ablaichern der heimischen Fischfauna. Und auf genau diesen Räuber hatten wir es abgesehen. Dem Tipp eines Bekannten folgend, fuhren wir nach Mecklenburg-Vorpommern zum Vilzsee bei Diemitz, der wohl für seine Zandergruben bekannt sein soll.



Vorbei an blühenden Rapsfeldern bei traumhaftem Frühlingswetter fahren wir gen Norden, wo Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern küsst. Immer wieder muss ich anhalten, um mich an der Blütenpracht satt zu sehen. Die Ostprignitz ist ein wunderschöner Landstrich. Wasser wohin man schaut, Titzowsee, Großer Prebelowsee, Labussee und viele, viele andere verbunden mit Kanälen bilden eine einmalige Wasserlandschaft. Treffpunkt ist die Badewiese am Vilzsee im Süden Mecklenburg-Vorpommerns.

Vilzsee und Labussee

Gut, der Zander liebt trübes Wasser, um seine geniale Sehfähigkeit bei der Jagd auszuspielen, das war mir durchaus bekannt. Doch vor uns liegt unter strahlend blauem Himmel ein brauner, beinah „unsichtbarer“ See. Ein Badegewässeraushang der zuständigen Behörde dokumentiert eine jahresdurchschnittliche Sichtweite von 1,1 Meter. Von diesen Idealwerten scheint der zur Müritz-Havel-Wasserstraße gehörende Vilzsee weit entfernt. Ein wirklich eutropher See.

Ein Plan B muss her, denn ehe wir hier einen Zander entdecken, hat uns dieser bereits attackiert, weil wir in seinen Brutbereich unwillentlich eingedrungen sind. Die Wahl fällt auf den Stechlinsee, nur eine gute halbe Stunde von hier entfernt. Mein letzter Tauchgang in diesem Klarwassersee liegt ohnehin schon eine Weile zurück.

Tauchbasis Stechlinsee

Wenngleich ein wenig überrascht, so wurden wir sehr freundlich vom Basisleiter Micha der ansässigen „Tauchbasis Stechlinsee“ empfangen. Seit einigen Monaten betreibt „Atlantis Berlin“ die einzige Basis vor Ort. Da wir uns hier in einem Naturschutzgebiet befinden, ist das Tauchen in dem eiszeitlichen Gewässer durch Naturschutzauflagen reglementiert. Nachttauchgänge sind untersagt, die Anzahl der Tagestauchgänge ist limitiert und der Tauchbereich im See begrenzt.

Tauchen im Stechlin

Die Anmeldung und Einweisung ist schnell gemacht. Wir schnacken noch ein wenig mit Micha über Dies und Das der Taucherwelt. Man kennt sich. Dann werfen wir unsere schwarze Taucherkluft über und geben uns ganz dem Stechlinsee hin. Wir tauchen Richtung Westen, Richtung Halbinsel. Der See fällt an dieser Stelle sehr flach ab. Lange Zeit tauchen wir nicht tiefer als 4 Meter. Die Makrophytenwelt ruht noch unter den Ablagerungen der vergangenen Saison. Vorsichtig durchstoßen erste Triebe von Wasserpest, Ährenblatt und verschiedener Leuchterlagen die verrottende Biomasse. Nach gut 30 Minuten Tauchzeit erreichen wir stolze 8 Meter Tiefe, dabei haben wir vielleicht die Hälfte der Wegstrecke zur Halbinsel zurückgelegt.

Makrophyten im Stechlinsee

Außer einer aufgescheuchten Schleie kommt uns bisher kein Fisch vor die Maske. Algen und Bakterien schneiden bizarre Formationen in verschiedenen Farbtönen in das verblasste Unterwassergrün. Produzierende Gase der Biomasse steigen nach oben, verfangen sich in Fadenalgen und schaffen so gespenstische Gebilde. Ein zweiter Blick lohnt allemal. Wir drehen ab nach Norden um in Ufernähe den Rückweg anzutreten.

Bizarre Schönheiten im Stechlin

Schlammschnecken ziehen ihre Bahnen und hinterlassen Laichstränge. Im Sediment ruhen große Sumpfdeckelschnecken und vereinzelt trifft man auf die geschützte Gemeine Kahnschnecke. Rote Wassermilben tanzen im Licht der Sonne und wenige Kamberkrebse ertasten mit ihren langen Fühlern die vorbeitauchenden, schwarzen Wesen. Die Sonne erweckt das Leben, auch wenn sich der Stechlinsee mit seiner Pracht noch stark zurückhält. Die Sichtweiten variieren von 2 – 4 Metern, eines Klarwassersees nicht würdig. Noch vor der Wendezeit waren wir viel mit unseren Kindern am Stechlin unterwegs und haben einen aussergewöhnlich klaren See in Erinnerung. Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Eine wirklich nachvollziehbare Erklärung dafür habe ich noch nicht gehört. Obwohl der See wegen der ansässigen Limnologie und dem ehemaligen Kernkraftwerk der DDR das am besten untersuchte Gewässer ist. Am Ende gibt uns für einen Augenblick noch ein stattlicher Hecht die Ehre. Nach 100 Minuten entsteigen wir dem Stechlinsee.

Sumpdeckel- und Gemeine Kahnschnecke

Welch‘ traumhaftes Wetter. Der nassen Klamotten haben wir uns schnell entledigt. Lecker Dekobier. Danke Buddy Heiko. Micha serviert uns einen heißen Kaffee und ‚ne lecker Bockwurst. Zur Krönung gibt’s Stolle. Mmh. Wir haben uns wirklich wohl gefühlt. Es tut sich einiges auf der Basis. Neue Wohncontainer bieten zusätzliche Übernachtungsmöglichkeiten und das Speisen- und Getränkeangebot hat sich ebenso erweitert. Zwei weitere Taucher aus Berlin und Bayern haben zur Basis gefunden. Bevor wir uns verabschieden, tauschen wir uns noch über diverse Tauchreviere aus. Auch der schönste Tag geht einmal zu Ende. Staufrei geht’s dann wieder heimwärts.

Kennt ihr den Stechlin unter Wasser?

Freue mich auf eure Kommentare, Anmerkungen, Tipps, Links und Bilder.

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Kontakt:

Mario Merkel, Tauchrevier Deutschland

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